Predigt


Die Predigt zum Nachlesen

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

„Wir haben nichts gehört und nichts gesehen“: Die Kirche hat sich in den letzten Wochen viel zu still gehalten, so lautet eine derzeit manchmal geäußerte Kritik. Eigentlich kann man darauf gar nicht wirklich eingehen, denn man sieht und hört nur, was man auch sehen und hören möchte: Die massiv gesteigerte Präsenz und Anzahl der kirchlichen Angebote über das Internet, die vielfältigen Versuche in den Pfarreien und Diözesen, um miteinander trotz Kontaktsperren in Kontakt zu bleiben; die Hilfe ganz konkret durch organisierte oder spontane Caritas, die Pflege von Kranken: da waren es zuerst die kirchlichen Krankenhäuser, die Corona-Kranke aus anderen Ländern aufgenommen haben. Die Liste ließe sich fortsetzen: Im kirchlichen Leben gab es keineswegs einen Stillstand, auch wenn vieles im Stillen, so manches einfach auch im Hintergrund stattgefunden hat, ohne dass groß darüber berichtet wurde.

Doch der Satz Jesu, den uns das Johannesevangelium überliefert hat und den wir heute im Evangelium gehört haben, hat weiterhin Gültigkeit: „Der Vater wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt.“ — Die Welt sieht und kennt den Geist nicht: Jenen Geist, der letztendlich das kirchliche Leben ausmacht, ja selbst ist.

Wir gehen ja schon wieder auf das Pfingstfest zu, den Geburts-Tag der Kirche. Denn mit der Gabe dieses angekündigten Beistands, mit dem Heiligen Geist, beginnt die Geschichte der Kirche. Die Kirche ist letztlich nichts anderes als die Gemeinschaft, in der dieser Geist Gottes lebendig ist – oder umgekehrt: die sich durch diesen Geist lebendig machen lässt.

Das muss man auch mit bedenken: Die Lebendigkeit wirkt in der Kirche durch ihre Glieder: Wir sind getauft „im Wasser und im Heiligen Geist“: In uns lebt und wirkt der Heilige Geist. Und was durch uns, einen jeden einzelnen von uns, geschieht, das ist letztlich Werk der Kirche. Der Heilige Geist wirkt in und durch jeden von Ihnen genauso wie durch den Papst oder einen Bischof. Und überall so viel, wie jeder ihn wirken lässt: mal mehr und mal weniger.

Liebe Schwestern und Brüder.
noch eins ist mir wichtig: Man sieht ihn nicht – und doch ist er da; man hört ihn nicht – und doch spricht er uns an; man erkennt ihn nicht – und doch wirkt er.
Es geht für das Wirken des Heiligen Geistes – und auch das Wirken der Kirche – nicht immer nur um das, was man sieht und hört, um viele Aktionen: Zur Kirche gehört wesentlich auch das Gebet, gehört Lobpreis, gehört Bitte, gehört stilles Da-Sein vor Ihm, dem Ewigen.

Wie viel wurde in diesen letzten Wochen gebetet? So wird selten gefragt … Aber ich glaube, das ist auch etwas sehr Entscheidendes – und etwas, was für die Kirche eben auch wesentlich ist. Durch solches – zweckfreies und stilles – Tun / oder Nichts-Tun wurde so manches Vertrauen gestärkt, so manche Hoffnung aufgerichtet, so mancher Trauernde getröstet, so manches Leid erleichtert.

Man kann ihn nicht sehen: diesen Beistand Gottes. Und dennoch ist er da. Wir sind der Raum, wo er da sein kann: Lassen wir ihn bei uns sein, in uns wirken. Und dann werden wir ihn auch erkennen, wird er uns offenbar. Dann wird sich Jesu Wort auch bei uns erfüllen:

„Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“